Bäume, Wälder und die Eiszeit

Mehrere Baumgattungen, z. B. Ahorne und Eichen, sind in Nordamerika und Ostasien viel artenreicher als in Europa. ln Mitteleuropa gibt es 35 Baumarten, in Nordamerika 80 und in Ostasien sogar 200. Ursache für diese Artenarmut in Europa ist das Eiszeitalter (Pleistozän). Vor etwa 4 Mio. Jahren begannen weltweit schnell aufeinanderfolgende Klimaschwankungen mit Kalt- und Warmzeiten. Das Eiszeitalter selbst begann vor rund 2 Millionen Jahren. Aus Skandinavien und den Alpen drangen Gletscher nach Mitteleuropa vor und näherten sich bis auf 270 km an. Anspruchsvolle Pflanzen mußten nach Süden ausweichen. Diesem Ausweichversuch legten sich in Europa die West-Ost verlaufenden Alpen als Rückzugssehranke in den Weg, so daß die Pflanzen nach SüdOst- Europa und über das Rhonetal in südliche Rückzugsgebiete wanderten, wo sie die Kaltzeiten überlebten. ln Nordamerika behinderten die Nord-Süd verlaufenden Gebirge diese Wanderung nicht, so daß die Verluste geringer waren. ln den Warmzeiten setzten Rückwanderungen ein. Während der Kaltzeiten herrschten in Mitteleuropa Tundren und Kältesteppen vor.

Vor rund 20.000 Jahren wurde nach der letzten Kaltzeit das Klima wärmer, die Eismassen schmolzen im Laufe der folgenden 10.000 Jahre zu einem großen Teil ab, die waldfreien Gebiete wurden wieder, u. a. durch Bäume, besiedelt.

Die Rückwanderung der Bäume erfolgte in der Spät- und Nacheiszeit nicht gleichzeitig, sondern ihrer unterschiedlichen Ökologie entsprechend nacheinander. Deshalb kann man eine Reihe von nacheiszeitlichen Waldperioden unterscheiden. Auf die baumlosen Tundren und Steppen folgten, vereinfacht dargestellt Birken-Kiefern-Wälder, Wälder mit vorherrschender Haselnuß, Eichenmischwälder (Eichenarten, Hainbuche, Rotbuche), Buchen-Eichenwälder und schließlich Rotbuchenwälder. Die Rotbuche hat für die nacheiszeitliche Wanderung vom Alpenrand bis zur Nord- und Ostsee (700 km) etwa 3.000 Jahre gebraucht, für ihre Durchsetzung gegenüber anderen Holzarten weitere 2.000 Jahre.