49 Gemeine Rosskastanie

Aesculus hippocastanum

Fotos: BM

Ordnung: Seifenbaumartige

Familie: 

Seifenbaumgewächse
Unterfamilie: Rosskastaniengewächse
Gattung: Rosskastanien
Art: Gewöhnliche Rosskastanie

(Linné)

 

Heimat: Balkan

Höhe: 25 m

Blüte: Mai

Frucht: September bis Oktober

Baum des Jahres 2005


Aesculus = ursprünglich der lateinische Name einer Eichenart; hippocastanum von hippo (Iat.) = Pferd. Der Name geht darauf zurück, dass die Früchte in der Türkei als gutes Heilmittel für Pferde verwendet wurden, die an Husten und Dämpfigkeit litten.

 

Besonders eindrucksvoll sind die schönen, aufrechten, pyramidenförmigen,aus Wickeln zusammengesetzten Blütenstände (Kerzen). Diese bestehen aus maximal 90 Blüten, die sich von unten nach oben öffnen. Die Blüten sind vier- bis fünf-strahlig, reinweiß, haben weit herausragende Staubblätter und tragen gelbliche oder rötliche Saftmale. Diese Saftmale haben blütenökologische Bedeutung: Nur die Blüten mit gelben Saftmalen erzeugen Nektar für Hummeln und Bienen (gelb bedeutet "Gaststätte geöffnet"). Rote Saftmerkmale hingegen signalisieren: "Gaststätte geschlossen". Diese Blüten werden von Insekten nicht mehr besucht. Die Blüten in der oberen Hälfte des Blütenstandes sind unfruchtbar.

 

Die Früchte sind gestachelte, weichwandige Kapseln, die ein bis drei große, glänzend braune Samen mit einem breiten Nabel enthalten: die Kastanien. Es gibt auch kurzstachelige oder stachellose Sorten. Die Roßkastanie wird mit 10 bis 15 Jahren fruchtbar. Die Knospen sind sehr groß (bis 3 cm lang und 1 ,5 cm dick); sie stehen damit an der Spitze der europäischen Laubbäume. Sie sind im Winter rötlichbraun glänzend und werden vor dem Blattaustrieb stark klebrig. Die Beobachtung des Austreibens der Knospen ist sehr eindrucksvoll. Die großen, handförmig geteilten (fünf bis sieben Blättchen) Blätter hinterlassen beim Abfallen deutliche Blattnarben, an denen die einzelnen Leitbündel im Querschnitt zu  sehen sind (Lupe). Der Baum kann ein Alter von 200 Jahren erreichen.

 

Die heute weit verbreitete Roßkastanie hat ein eng begrenztes Herkunftsgebiet in den Bergen des Balkans, mit Ausläufern nach Jugoslawien.ln der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde sie bereits in lstanbul gezogen. Von dort gelangte sie 1576/77 nach Wien. Zur Zeit Ludwigs XIV. war die Kastanie „voll in" für Pflanzungen in Schloßgärten und Alleen. Viele europäische Fürsten wollten dem Sonnenkönig nicht nachstehen und pflanzten gleichfalls diesen schönen Baum, z. B. beim Schloß Ludwigsburg.

 

Hauptsächlich die Rinde enthält einen der Hauptwirkstoffe der Roßkastanie, das Aesculin, eine Cumarinverbindung. Cumarine sind z.B. die Duftstoffe des Waldmeisters. Schabt man an einem Zweig etwas Rinde ab, zerkleinert sie, gibt sie in ein Glas Wasser, rührt gut um und stellt das Glas unter eine starke Lampe, so schimmert die Wasseroberfläche wunderschön meergrün. Es handelt sich hierbei um Fluoreszenz.

 

Aesculin ist ein Saponin, ein Seifenstoff. Bereitet man ein Bad aus Kastanienfrüchten, so wird durch das Aesculin die Oberflächenspannung ·des Wassers herabgesetzt und es bildet sich Schaum. Saponinpflanzen werden zur Schleimlösung bei Husten und Bronchitis verwendet (s. o.).

 

Das Aesculin regt Stoffwechsel und Durchblutung an, es ist ein Mittel gegen Venenerkrankungen. Es absorbiert auch UV-Strahlen und wird in Sonnenschutzmitteln verwendet. Kastanienfrüchte sind stärkereich, enthalten aber Bitter- und Gerbstoffe. Als Nahrungsmittel sind sie wenig geeignet. Die Indianer gewannen durch Dämpfen und Zerstampfen ein Mehl für Brot, Pfannkuchen und Suppen. Kastanienmehl wurde auch als Hopfen- und Kaffee-Ersatz, als Buchbinderleim und zur Herstellung von Branntwein verwendet.